Route des Grandes Alpes #2 | Pässe 8 bis 11 von Nord nach Süd

Es geht auch im 2. Teil wieder ganz schön weit nach oben, auch mal zu Fuß, und wie schon so oft sind wir froh, dass unser Camper unter 3,5 Tonnen wiegt und wir jede Passhöhe befahren dürfen. Als Zugabe gibt es noch eine abenteuerliche Geschichte zu hören – freut euch also auf eine spannende Reise über Pass 8 bis 11 der Route des Grandes Alpes.

Start am 2. Tag in Valloire

Gestern sind wir am späten Nachmittag noch über den Col du Telegraph gefahren, praktisch die Vorstufe vom Col du Galibier. Übernachtet haben wir in Valloire am Straßenrand neben einem reißenden Fluss mit Blick auf diese schöne Bergkapelle. Heute am frühen Morgen strahlt die Sonne noch vom Himmel, aber ab Mittag soll es zuziehen. Deshalb sind wir schon ganz früh unterwegs, um den 1. Pass noch ohne Regen fahren zu können.

Col du Galibier, Pass Nr. 8

Kurz hinter Valloire steigt die Straße schnell an und die Baumgrenze ist bald erreicht. Leider sind die Wolken doch schon recht dicht, aber auch in diesem Licht sieht die schroffe Bergkulisse beeindruckend aus. Die Straße selbst ist sehr gut 2-spurig ausgebaut und auch für größere Fahrzeuge problemlos zu fahren. Um diese Zeit – es ist kurz nach Acht – teilen wir uns die Strecke aber sowieso nur mit ein paar Radfahrern. Die Anfeuerungs-Zeichen für die Radrennfahrer der Tour de France sind auf der Straße unübersehbar und auch heute sind schon so einige Hobbyfahrer in einem beachtlichen Tempo unterwegs. 

Kurz vor der Passhöhe dann eine Streckenteilung. Zum Col du Galibier kommt man nur mit einem Gewicht unter 3,5 Tonnen. Alle anderen Fahrzeuge müssen durch einen Tunnel. Mal wieder sind wir froh, dass wir mit unserem Camper zur 1. Kategorie gehören. Allerdings kann es in dieser Höhe auch im Sommer unerwartet Schnee geben und dann müssen alle durch die Röhre. Heute kann davon keine Rede sein und wir können links abbiegen. Die Straße wäre aus unserer Sicht auch mit etwas schwereren Fahrzeugen befahrbar, aber der Parkplatz an der Passhöhe ist ziemlich klein – vielleicht ist das der Grund für die Einschränkung. Direkt am Parkplatz führt ein Weg zu einem Aussichtspunkt. Auf geht’s. 

Oben am Table d’orientation kann man den südlichsten und westlichsten Viertausender der Alpen sehen, den Barre des Ecrins. Der Mont Blanc, der an klaren Tagen sehr gut sichtbar ist, versteckt sich heute hinter Wolken. Der Wind bläst eisig und wir sind zum 1. Mal seit 3 Tagen wieder in langer Hose und dicken Jacken unterwegs. Nach einer halben Stunde haben wir genug gesehen und fahren auf der Südseite ab.

In engen Kehren geht es die 100 Höhenmeter runter, zurück auf die größere Straße direkt beim Südportal des Tunnels. Der Galibier war schon über 60 Mal Teil der Tour de France, 50 Mal sogar höchster Pass. Zuletzt sind sie 2024, also vor einem Jahr, hier rauf – deshalb sind viele der Zeichnungen auf der Straße auch noch so frisch.

Die Südrampe des Galibier ist genauso gut ausgebaut wie die Nordrampe bis zum Tunnel – wir kommen sogar an einem Womo vorbei ohne jegliche Ausweichbucht.

Col du Lautaret, Pass Nr. 9

Vom Galibier kommend kann man die Passstraße sehen, die vom Westen aus zum Col du Lautaret führt, unserem Pass Nr. 9. Das ist allerdings ein klein bisschen gemogelt, denn die RDGA kommt genau auf der Passhöhe des Lautaret an und führt dann Richtung Osten runter – streng genommen ist der Lautaret also nur ein „halber“ Pass auf der offiziellen Route des Grandes Alpes. 

Col de L’Izoard, Pass Nr. 10

Auf dem Weg zum Col de L’Izoardmuss man die Stadt Briançon durchqueren. Folgt lieber nicht eurem Navi oder Google, sondern den Hinweisschildern zum Col de l’Izoard, auch wenn diese oft nur spät zu sehen sind. Briancon liegt auf 1.326 Metern Höhe und ist damit die höchstgelegene Stadt Frankreichs. Als Stadt zählen in Frankreich per Definition Gemeinden mit mehr als 2000 Einwohnern. Von hier aus sind es zur italienischen Grenze nur 14 km – in 2 Wochen werden wir praktisch genau dort auf italienischer Seite entlang fahren  – das wissen wir jetzt aber noch nicht.

Die Auffahrt zum Col de l’Izoard toppt mal wieder alles. Schön schmal schlängelt sie sich durchs Tal, vorbei an herrlichen Lärchenwäldern und gewinnt rasch an Höhe. Die Geschichte des Passes reicht bis in die Anfänge des 18. Jahrhunderts zurück und das merkt man der Straße auch an. Der Belag ist natürlich mehrfach erneuert und in einem sehr guten Zustand, aber die Streckenführung erinnert an alte Zeiten und ist genau nach unserem Geschmack. Auch diese Passstraße ist oft Teil der Tour de Fance, meist allerdings aus Richtung Süden mit größerer Steigung und der höchsten Kategorie in der Bergwertung. Auch heute sind wieder einige mit ihren Rennrädern unterwegs und werden von uns nur bergauf überholt – bergab haben wir keine Chance.

Der Pass selbst ist touristisch gut erschlossen mit Bistro und Souvenirladen. Wir erstehen einen Magneten mit dem Namen aller Pässe und eine schöne Keksdose mit dem Routenverlauf. Besonders schön ist hier, dass man praktisch auf einer Kuppel steht und zu beiden Seiten eine tolle Aussicht auf imposante Berggipfel hat.

Bei der Passabfahrt Richtung Süden kommt man durch eine karge Felslandschaft, die sogenannte Casse Deserte, die seit 1937 als Naturdenkmal unter besonderem Schutz steht. Es ist allerdings nur ein kurzes Stück – wir hatten uns aufgrund der vielen Beschreibungen als Mondlandschaft etwas ganz anderes  darunter vorgestellt. Was ist nun falsch – der Begriff oder unsere Erwartung, die wir damit verknüpfen?

Die Straße führt in engen Kehren abwärts und die Höhe wird schnell abgebaut, denn die Steigung ist hier auf der Südseite des Col de l’Izoard spürbar größer als auf der Nordseite. In unseren Köpfen und im Navi steht schon wieder der nächste Pass an, denn das ist das Markenzeichen der Route des Grandes Alpes – Pässe fahren. Deshalb heißt sie ja auch Panoramastraße – in die Höhe fahren und weite Ausblicke genießen. Es ist immer wieder toll, wenn man über kurvige Straßen eine Passhöhe erreicht hat. Geschafft, wieder ein Meilenstein abgehakt – so sind auch wir bisher auf der Route unterwegs, nach dem Motto – immer höher, immer weiter. Auf dieser wunderschönen Strecke gibt es aber so viel mehr zu entdecken.

Gorges du Guil

Wo Berge sind, sind zwangsläufig auch Täler und die haben ebenfalls Reizvolles zu bieten. Genau das trifft uns vollkommen unerwartet zwischen dem Col d’Izoard und dem Col de Vars. Wir fahren durch das hübsche Dorf Arvieux mit gepflegten alten Steinhäusern. Auch hier könnte man verweilen und Pause machen – natürlich nicht, wenn man heute noch den nächsten Pass schaffen möchte. Dann erreichen wir das Tal des Flusses Guil. Zuerst fährt man auf Höhe des Flusses, der 5 km vor der Stadt Guillestre aufgestaut wird und dort eine traumhafte türkisblaue Farbe annimmt. Allein diese Strecke ist schon wunderschön, aber gleich kommt es noch spektakulärer. Plötzlich ist man 100 Meter über dem Fluss und die sehr schmale Straße ist in einen Felshang geschlagen. Direkt rechts oben mir geht es steil runter. Gut, dass uns mal wieder keiner entgegen kommt! Was für eine traumhafte Landschaft……

Col de Vars, Pass Nr. 11

Auch die Auffahrt zum Col de Vars ist purer Genuss. Hinter Guillestre geht es zunächst recht steil hoch, aber zum Schluss fährt man durch herrliche Wiesen auf den letzten 2000-er der RDGA.

Leider habe ich während des Filmens aus Versehen die Kamera verstellt und so gibt es von der Passhöhe nur Fotos. Ist aber nicht so schlimm, denn hier gibt es nicht viel zu sehen. Wir fahren noch die 22 km bis zu unserem geplanten Stellplatz in Jausiers und kaum dort angekommen schlägt das Wetter wie angekündigt um. Es gewittert kräftig und wir machen es uns im Schorschi gemütlich.

Der offizielle Stellplatz in Jausiers ist kostenlos und bietet sicher 30 Fahrzeugen Platz. Es gibt einen befestigten Teil direkt an der recht lauten Straße und eine Wiese gegenüber. Der Untergrund der Wiese macht einen guten Eindruck, so dass man auch nach Regen gut wegkommen sollte. Die V/E ist fast nagelneu – während wir da waren, kam jemand von der Stadt und hat alles desinfiziert und gereinigt. Gezahlt wird mit Kreditkarte. Strom ist auf den Asphaltplätzen wohl auch möglich, angeblich 5€ für 24 Stunden. Frischwasser 10 Minuten 2,50€. Und so muss es sein – der Wasserhahn ist geschützt durch einen Riegel. 

Unverhofftes Treffen mit Sascha Ohde

Während ich morgens auf dem Stellplatz meine übliche Begrüßung für YouTube aufnehme, sehe ich aus den Augenwinkeln in 50 Metern Entfernung ebenfalls einen Mann mit Kamera und Puschel-Mikro vor seinem Camper. Das Gesicht kommt mir irgendwie bekannt vor und bei näherem Hinsehen erkenne ich den YouTuber Sascha Ohde, dem ich schon seit langem folge. Der Stil seiner Video ist einzigartig und er macht das wirklich sehr professionell. Mit den Jahren hat er sich das Filmen drauf geschafft und erstellt mittlerweile auch für Firmen Werbevideos oder dergleichen.

Sascha erzählt uns eine abenteuerliche Geschichte, die ihm vor gut 2 Wochen oben auf dem Col de la Bonnette passiert ist und die ihn zur Zwangspause auf diesem Stellplatz gezwungen hat. Auf 2.800 Metern Höhe ist bei seinem Womo die Lenkstange gebrochen und er konnte plötzlich nur noch links lenken. 3 Tage und Nächte saß er oben fest und hat dann mit einiger Unterstützung helfender Hände die gebrochene Lenkstange provisorisch befestigt. So konnte er im 1. Gang den Pass herunter kriechen und wartete seitdem auf die Lieferung des Ersatzteils. Das ist heute gekommen und er wird es am Wochenende einbauen. Alle Achtung, dass er sich das selbst zutraut.

Sascha ist wahnsinnig sympathisch – wir können uns an diesem Mittag nicht von ihm losreißen und reden tatsächlich noch 2 Stunden über Gott und die Welt. Gesprächsstoff hätten wir noch für viele weitere Stunden gehabt, aber der Kühlschrank und der Pass rufen. Es heißt also Abschied nehmen und wir drücken Sascha die Daumen, dass bei der Reparatur  alles gut geht.

Ausblick auf Teil 3

Wir müssen zum Einkaufen nach Barcelonnette und sehen bei der Gelegenheit Dutzende Motorradfahrer, die sich hier am WE zu einem internationalen Bikertreffen zusammen finden. Das könnte auch auf den Pässen zu mehr Verkehr führen. Wir lassen uns überraschen und starten gleich zu Pass 12. Das lest ihr aber erst im nächsten Blog.