Route des Grandes Alpes #3 | Pass 12 und eine Extrarunde

Herzlich willkommen zum 3. Teil unserer Tour über die Route des Grandes Alpes von Nord nach Süd. 11 von 17 Pässen liegen mittlerweile hinter uns. Die Strecke von 480 km sind wir in 3 Tagesetappen gefahren, immer auf der offiziellen Hauptroute der RDGA. Den Rest bis Menton könnten wir locker in 1 bis 2 Tagen zurücklegen, aber nun bauen wir eine Extrarunde von 300 km ein, die uns über 5 zusätzliche Pässe führen wird.

Col de la Cayolle, Pass Nr. 12

Infos: Über den Col de la Cayolle, den letzten 2000-er Pass auf der offiziellen RDGA, hatte ich zuvor schon so einiges gelesen, was nicht unbedingt eine beruhigende Wirkung auf mich hatte. Er liegt zwar auf der Hauptroute, kann aber nur mit Einschränkung befahren werden. Gleich am Anfang weisen mehrere Schilder auf die Maximalmaße hin. Max. 4,5 Tonnen, Wohnanhänger verboten, maximale Höhe 3 Meter, Länge höchstens 7 Meter und Breite 2,40. Von daher passt das bei uns und Adriano ist im Gegensatz zu mir mal wieder tiefenentspannt.

Anfangs erscheint die Strecke auch noch vollkommen unproblematisch – sie schlängelt sich in leichten Kurven am Fluss Bachelard entlang. Wieder mal traumhaft schön und mit so wenig Verkehr ein Genuss zu fahren. Motorräder sind trotz des großen Bikertreffens in Barcelonette übrigens nur wenige unterwegs – die bevorzugen wohl eher die breiter ausgebauten Passstraßen mit mehr Kurvenspaß. 

An einer Brücke wechselt dann die Straße auf die andere Flussseite und nun wird es spannend. Die Straße ist mehr oder weniger einspurig, es gibt nur wenige und auch nur kurze Ausweichbuchten und die Kurven sind schlecht einsehbar. Wenn sich hier in der Hochsaison 2 Kolonnen begegnen, wird es schwierig, weil dann mehrere Fahrzeuge zurück setzen müssen und genau in diese Ausweichbuchten nicht hinein passen. In den wenigen Momenten, in denen uns heute jemand begegnet, ist zum Glück immer gerade Platz zum Ausweichen vorhanden. 

Ca. 9 km vor der Passhöhe beginnt der Nationalpark Mercantour und ab jetzt darf Sunny nicht mehr den Camper verlassen, auch nicht angeleint. Wir fahren also durch und erreichen kurze Zeit später den Pass. Man hat hier nicht unbedingt eine tolle Aussicht auf imposante Berge, aber die Mulde mit den grünen Wiesen, pfeifende Murmeltiere und eine absolute Stille sind ebenfalls traumhaft schön. Wir kommen ins Grübeln, ob der Col de l’Izoard bei uns nach wie vor der Schönste ist…..

Die Abfahrt Richtung Süden ist dann bei weitem nicht so schwierig wie die Auffahrt. Es gibt nur 2 Tunnel, die bei Gegenverkehr nicht einfach zu Passieren sind, weil es keine Ausweichbucht gibt. Da müsste dann in jedem Fall‘ einer über mindestens 100 Meter zurücksetzen.

In Guillaumes verlassen wir dann die RDGA Richtung Annot, um wieder nach Bercelonnette zu kommen. Warum? Wir möchten in jedem Fall auch den Col de la Bonette fahren, der genau parallel zum Col de Cayolle in den Süden führt. Also heißt es umkehren.

Engstelle auf den ersten Kilometern
Passhöhe

Gorges de Daluis

Auf dem Weg zu unserem Schlafplatz in Annot Durchfahren wir unverhofft eine Schlucht des Flusses Vor, den Gorges de Daluis. Die Straße liegt in diesem knapp 5 km langen Abschnitt weit oberhalb des Flusses und führt Richtung Süden durch 17 kurze Tunnel. Die meisten von ihnen sind einspurig – der Gegenverkehr aus Süden kommend wird um die Tunnel herum geleitet. Daher hat man bei Fahrt Richtung Norden die bessere Aussicht auf die Schlucht selbst. 

Den Gorges du Daluis hatten wir überhaupt nicht auf dem Schirm, sonst hätten wir gewusst, dass man ihn in jedem Fall bei hoch stehender Sonne fahren muss und am besten von Süd nach Nord, weil die rote Farbe der Felsen ohne Gegenlicht am besten zur Geltung kommt. Mal sehen, ob sich da in den nächsten Tagen nicht noch was machen lässt. 

Col de la Colle-St.-Michel, Extra-Pass Nr. 1

Diesen 1. Pass unserer Extrarunde bemerken wir kaum. Es gibt ein gleichnamiges Dorf, aber nirgendwo ist ein Passschild zu sehen. Die Abfahrt Richtung Colmars ist recht schmal und hier brauchen wir in einer Kurve gutes Augenmaß, um an einem Pkw vorbei zu kommen. An anderen Stellen kann man aber auch gut Schnellere passieren lassen – manche bedanken sich sogar dafür. 

Col d’Allos, Extra-Pass Nr. 2

Auch über diesen Pass hatte ich Beunruhigendes im Netz gelesen. Einspurig, wenig Ausweichstellen, schlecht einsehbar – mir schwant Schlimmes. Aber im Nachhinein muss man sagen, dass er viel besser zu befahren ist als der Cayolle am Vortag, zumindest in der Nebensaison. Er wird allerdings Genre mal kurzfristig bei Regen gesperrt – das sollte man sich vorab also gut informieren.

Col de la Bonette, Extra-Pass Nr. 3

Jetzt kommen wir endlich zu dem Pass, der Grund für diese Extarunde ist – der Co, de la Bonette. Mal sehen, ob sich der „Umweg“ gelohnt hat. Gleich zu Beginn zeigt ein großes Schild, dass wir es hier mit einer anderen Größenordnung zu tun haben. 20 Tonnen dürfen Fahrzeuge wiegen und 15 Meter lang sein – na diese Straße scheint gut ausgebaut zu sein. Hier sind auch wieder deutlich mehr Motorräder unterwegs, die die lang gezogenen Kurven sichtlich genießen. Schnell weicht die bewaldete Landschaft einem kargen Hochgebirge und die Passhöhe ist schnell ereicht. Direkt an der Passhöhe zweigt der Rundkurs um den Cime de la Bonnette ab, der als Einbahnstraße befahren wird entgegen dem Uhrzeigersinn. Die Aussicht ist allerdings nicht viel anders als auf der Straße zuvor und es scheint uns nicht nötig, auch noch den schmalen Fußweg zum Gipfel hinauf zu laufen. Gibt auch noch einen anderen Grund: Es wimmelte von abgestellten Motorrädern und Pkw’s und bei dem Betrieb hatten wir einfach keine Lust, denn Parken war praktisch nicht möglich, ohne andere zu behindern. Es gibt dort einen Weg zum Gipfel des Cime de la Bonette und deshalb halten an der Stelle so viele.

Während wir hier so durch die herrliche Bergkulisse gleiten, überlegen wir, wie es weitergeht. Gestern haben wir ja für diesen Extraschlenker die RDGA nach Überquerung des Col de la Cayolle verlassen. Am Ende der Bonette-Passstraße kommen wir wieder auf die RDGA, allerdings weiter östlich. Es würde uns also ein Stück auf der offiziellen Route von Nord nach Süd fehlen. Ihr kennt uns – das geht natürlich gar nicht!!! 

Deshalb kommt hier nun der neue Plan. Wir werden gleich auf der RDGA  nach Westen abbiegen und dann erneut eine kleine Extrarunde einschieben. So schlagen wir 2 Fliegen mit einer Klappe, denn bei dieser Gelegenheit fahren wir nochmals durch den Gorges de Daluis von Süd nach Nord – ihr erinnert euch? Zusätzlich geht es durch eine weitere Schlucht, den Gorges du Cian. 

Nun heißt es eigentlich nur noch schnell zum Schlafplatz in Beuil. Dauert aber länger als gedacht, denn dabei muss noch ein Pass überquert werden, der Col de la Couillole. Den werden wir morgen nochmal in die andere Richtung fahren, denn er gehört zur offiziellen RDGA von Nord nach Süd.

Auffahrt zum Col de la Bonette
Beginn des Rundkurses Cime de la Bonette
Betrieb beim Cime de la Bonette
Blick Richtung Süden

Fazit Extrarunde

Col de la Cayolle: Traumhafte, aber anspruchsvolle Strecke und nur mit kleinen Womos befahrbar. Ebenso der Col d’Allos.

Col/Cime de la Bonette: Ob es jetzt unbedingt nötig war, diese Straße vor gut 60 Jahren um den Gipfel herum zu bauen, nur um sagen zu können, sie ist die Höchste, darüber kann man streiten. Stimmt sowieso nicht, denn die 11 Jahre jüngere Ötztaler Gletscherstraße ist an einer Stelle 28 Meter höher. Seitdem darf sich die Route de la Bonette also eigentlich nur noch höchste Straße der Westalpen nennen. Übrigens: den Col de Restefond ganz in der Nähe können wir gar nicht überqueren, weil es eine alte Strecke ist, die seit Eröffnung des Col de la Bonette im Jahr 1961 für den normalen Verkehr gesperrt ist. Auch den Col de Raspaillon bemerken wir bei der Abfahrt nicht, denn es gibt kein Schild. Aber auf dem Weg von Nord nach Süd auf der RDGA eindeutig die bessere Wahl mit größeren Womos, auch wenn er nicht zur Hauptroute gehört.

Wir sind kein Maßstab für andere und wir können euch auf keinen Fall raten, mit einem Kasten den Cayolle und d’Allos zu fahren. Dazu sind die Unterschiede unter den Womo-Fahrern zu groß. Allen, denen beim Anblick unserer Aufnahmen schon mulmig geworden ist, können wir nur empfehlen, diese Extrarunde auszulassen und direkt über den Col de la Bonnette nach Süden zu fahren.