11 Tage durch die Schweiz / Teil 1

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Wallis und westliches Graubünden

Im September 2021 fahren wir 11 Tage mit unserem Schorschi durch das Wallis und das westliche Graubünden. Es soll eigentlich ein schöner Spätsommer-Urlaub werden, aber auch hier zeigen sich die Berge mal wieder unberechenbar – es schneit kurzzeitig. Mit unseren Ganzjahresreifen und Schneeflockensymbol sind wir aber auf der sicheren Seite. Wir entdecken eines der bekanntesten Täler des Wallis – das Val d’Anniviers, das stille Averstal in Graubünden und fahren natürlich auch den ein oder anderen Pass rauf und runter.

Abfahrt und 1. Tag 15./16.09.2021

Adriano hat einen vollen Arbeitstag hinter sich und so starten wir erst kurz nach 20:00. Wir schaffen aber noch 160 km bis zu unserem Schlafplatz beim Sportzentrum Gerlafingen unweit der A2. Das Wetter ist regnerisch und ist auch für den nächsten Tag nicht viel besser angesagt.

Am nächsten Morgen erledigen wir noch schnell ein paar Einkäufe im Coop Biberist, bevor wir uns auf den Weg nach Aigle machen, unserem heutigen Etappenziel. Wir hoffen auf besseres Wetter auf der Alpensüdseite, wählen hierzu aber nicht den schnellen Weg über die Autobahn Richtung Lausanne/Martigny, sondern fahren über Bulle und den Col de Moses. Viel Regen begleitet uns auf der Fahrt und die schöne Landschaft sieht mit den tiefen Wolken nicht ganz so heimelig aus. Zur Entsorgung machen wir einen Kuruzen Abstecher nach Leysen und finden erst nach einigem Hin und Her den Stellplatz mit V/E-Möglichkeit. So eine Entsorgungsstelle für Kassettentoiletten haben wir allerdings noch nie gesehen – eine ausrangierte Toilettenschüssel mit Klobürste daneben und alles sehr schmutzig. Da könnte die Gemeinde wirklich mal etwas investieren!

In Aigle angekommen wollen wir ein Weingut besuchen, denn Wein ist schließlich ein Aushängeschild für den Kanton Vaud und das Wallis. Auf der Suche nach einem Parkplatz landen wir direkt vor dem Eingang des Winzers Alain Emery, der zufällig vor dem Haus steht und uns eine Weinprobe in anbietet. Er startet für uns ein 10-minütiges Video, das in seinem Betrieb gedreht wurde, damit er 3 Flaschen Wein mit einem kleinen Snack für uns herrichten kann. Der Film ist sehr informativ (ersetzt natürlich keine echte Weinkeller-Besichtigung) und Alain versorgt uns danach mit vielen Infos zu seinem Betrieb. Zum Glück spricht er sehr gut deutsch, denn auf französisch hätten wir nur die Hälfte verstanden. So sitzen wir bei einem guten Gläschen über eine Stunde bei ihm und plaudern über Traubensorten und auch den Weinanbau in unserer badischen Heimat. Natürlich kaufen wir zum Abschluss auch 3 Flaschen seines Chasselas! Draußen scheint mittlerweile etwas die Sonne und wir bummeln noch kurz zum nahegelegenen Chateau d’Aigle, das aber nicht besichtigt werden kann. Als Schlafplatz wählen wir heute den 14 km entfernten Parkplatz der Therme Lavay-Morcles.

Entsorgung in Leysen
Alain in seinem Weinkeller

2. Tag 17.09.2021

Heute strahlt die Sonne und wir fahren über Martigny zum Lac d’Emosson. Dies ist ein Tipp, den ich aus einem Video von Jens (YT-Kanal vanamericana) habe. Der Walliser Stausee liegt auf 1930 m Höhe und sammelt Wasser aus 2 Gletschern des Mont Blanc-Massivs. Die Fahrt über den Col de la Forclaz ist sehr schön und die Straßen sind fast leer. Leider liegen die Berge um den Stausee herum in dicken Nebelwolken und die erhoffte Aussicht auf den Mont Blanc zeigt sich nicht. Wir laufen aber ab Parkplatz trotzdem zur Staumauer hinunter, die zunächst ebenfalls in dichtem Nebel liegt. Alternativ kann man ab Le Châtelard auf Schienen zum Stausee gelangen: eine 2-Kabinen-Standseilbahn (eine der steilsten der Welt), ein kleiner Panoramazug und eine Ministandseilbahn bringen Besucher zur Staumauer. Bei uns kommt immer mal wieder die Sonne für wenige Minuten durch und wir laufen natürlich auf die andere Seite der Staumauer. Von hier starten mehrere Wanderwege in die Gebirgswelt, was aber bei diesem Wetter keinen Sinn macht. So kehren wir nach einer halben Stunde um und laufen wieder zum Van zurück. Beim Parkplatz haben wir dann Glück – für 2 Minuten verschwinden die Wolken Richtung Mont Blanc und wir können wenigstens eine kurzen Blick samt Foto erhaschen. Zufällig entdecken wir hier oben auch noch einen nagelneuen Stellplatz, den man noch kostenlos benutzen könnte, weil der Zahlautomat noch außer Betrieb ist.

Das wäre aber für uns zu früh – es ist ja gerade erst Mittag und so machen wir uns nach einer Tasse Kaffee auf zum Großen Sankt Bernhard-Pass. Es sind nur 60 km, die sich aber ziehen. Kurz vor der Passhöhe blockiert dann eine Baustellenabsperrung den Weg und wir erfahren im Internet, dass der Pass ab 17:00 wieder befahrbar ist. Um 18:30 stehen wir immer noch da – mittlerweile kommen Baustellenfahrzeuge entgegen und auch einige Autos. Sperre bleibt aber stehen! Mehrere Pkw’s und auch Wohnmobile fahren an uns trotz Absperrung vorbei und nach 15 Minuten trauen auch wir uns. Die restliche Strecke zur Passhöhe ist problemlos befahrbar und so kommen wir bei den letzten Sonnenstrahlen oben an. Ein eisiger Wind empfängt uns dort und lädt nicht zu einem längeren Verweilen ein. Schnell ein paar Fotos und dann wieder auf der Schweizer Seite runter zum heutigen Übernachtungsplatz in Orsières. Abendprogramm mit Kochen und Filmgucken startet, bevor wir müde ins Bett fallen.

Lac d’Emosson
Mont Blanc
am Großen St. Bernhard Pass

3. Tag 18.09.2021

Nach Ver- und Entsorgung an einem Stellplatz in St- Leonhard im Rhonetal starten wir ins Val d’Anniviers. Die Straße ab Sierre ist sehr steil und eng, aber so gewinnen wir schnell an Höhe. Mit einem Kastenwagen reichen die Ausweichbuchten, um Gegenverkehr durchlassen zu können. Bei herrlichem Wetter und einem ausgedehnten Frühstück am Straßenrand genießen wir die Aussicht.

Wir besichtigen den alten Kern des Ortes Grimentz, bekannt für seine historischen sonnenverbrannten Holzhäuser. Leider wissen wir nicht, das sich eine Weiterfahrt zum Lac de Moiry auch noch gelohnt hätte – wir erfahren erst später davon. Nun erkunden wir das Tal bis ans Ende in Zinal und gehen dort noch mit Sunny eine Runde auf einem Wanderweg entlang eines Flusses. Zur Übernachtung fahren wir den Parkplatz der Bergbahn Ried-Mörel an mit einer abenteuerlichen Auffahrt (sehr enge Straße – kaum Haltebuchten). Der Ausblick vom Parkplatz ist allerdings genial. Man steht direkt am Abgrund und schaut auf die gegenüberliegende Bergkette, die rötlich im Sonnenuntergang vor uns liegt.

Grimentz, Val d’Anniviers
Zinal, Val d’Anniviers
Schlafplatz Ried-Mörel

4. Tag 19.09.2021

Oh je – was ein Gegensatz zu gestern. Wir erwachen in einer dicken Nebelsuppe und lesen im Netz, dass Schneefall angesagt ist. Also nichts wie runter vom Berg! Die Abfahrt zerrt an meinen Nerven, denn stellenweise ist die Sicht gleich Null und die Straße eben sehr schmal. Zum Glück gibt es kaum Gegenverkehr und wenn, dann nimmt der Fahrer Rücksicht auf uns und setzt zurück, so dass wir passieren können. Bei der Fahrt Richtung Furkapass verwandelt sich der Regen immer mehr in Schnee und wir stoppen an einem Parkplatz bei Fiesch, um die Lage zu checken. Eigentlich wollten wir den Furkapass fahren, aber sowohl dieser als auch Grimsel und Nufenen sind wegen Schneefalls gesperrt. Wären wir gestern noch auf den Pass raufgefahren, würden wir dort jetzt festsitzen. In solchen Situationen zeigt es sich immer wieder, wie wichtig wintertaugliche Reifen in der Schweiz auch im Sommer sind.

Jetzt heißt es Zwangspause bei Kaffee, Tee und James Bond-Film! Um 18:30 schneit es immer noch und die Pässe werden heute nicht mehr öffnen. So beschließen wir, die Autoverladung ab Oberwald zu nutzen. Am Bahnhof tobt der Bär – auch wir warten über 1 Stunde, bis wir auf den Zug können. Zum Glück macht bei solchen Wetterverhältnissen die Bahn Überstunden, um alle Wartenden vor der Nacht noch zu befördern. Wir zahlen für unser 3,5t-Mobil genauso viel wie ein Pkw – 27 CHF. Um 21:15 geht es los und 20 Minuten später sind wir auf der anderen Seite in Realp. Wir übernachten einfach am Straßenrand bei Hospental mit schöner Aussicht trotz Finsternis. Auf der Passstraße ist wegen der Sperrung kein Verkehr und wir verbringen eine ruhige Nacht.

Schneefall bei 2 Grad
Autoverladung Furka in Oberwald

5. Tag 20.09.2021

Heute ist es wenigstens trocken und so fahren wir nach einem kleinen Einkauf in Andermatt über den Oberalppass Richtung Ilanz. Auf diesem Pass liegt gar kein Schnee, also war das nur ein regionales Ereignis gestern.

In Ilanz wechseln wir auf die andere Seite des Vorderrheins, weil wir an der Rheinschlucht (Ruinaulta) halten möchten. Diese Strecke haben uns Kai und Jens (travelcampingliving und vanamericana) schon so oft gezeigt – das wollen wir mit eigenen Augen sehen. Die Straße ist für einen Kastenwagen zu bewältigen; mit einem längeren Wohnmobil möchte ich hier nicht fahren müssen. Vorbei am Versamertobel finden wir die uns aus Youtube-Videos bekannten Aussichtspunkte und bestaunen die tiefe Schlucht.

Weiter geht es zum heutigen Schlafplatz am Lago di Lei – wir wandeln weiter auf den Spuren unserer YouTuber. Es ist immer noch bedeckt und trüb und so geht es nach dem Abendessen ins Bett.

Blick in die Rheinschlucht

6. Tag 21.09.2021

Der Wetterbericht hält, was er versprochen hat. Bei Sonnenschein können wir am Vormittag den Lago di Lei etwas erkunden. Zuerst besuchen wir das Infocenter, in dem man alles über die Stromerzeugung mit Wasserkraft erfährt. Nun geht es auf die andere Seite der Staumauer (hier sind wir in Italien!) bis zu einem Bauernhof. Zurück zu Schorschi und ab nach Juf, der höchstgelegenen ganzjährig bewohnten Siedlung Europas. Die Fahrt durch das Averstal ist grandios und wir genießen den Bummel durch ein fast menschenleeres Juf. Hier fühlt man sich wirklich ein bisschen wie am Ende der Welt. In der Nähe in Avers-Juppa laufen wir dann noch 2 Stunden auf dem Murmeltierpfad und entdecken wirklich einige der possierlichen Tiere. Mit dem maximalen Zoom meines großen Objektivs gelingen mir dann auch ein paar Aufnahmen.

Es ist erst früher Nachmittag und so entscheiden wir uns für eine Route über den San Bernardino Pass, den wir schon so lange nicht mehr gefahren sind. Auch hier begegnet uns auf der Passtraße kaum ein Fahrzeug. Soooo schön hier! In der kargen Felslandschaft haben Wanderer unzählige Steinmanderl (Steinmännchen) gebaut, die in den Himmel ragen. Aber auch hier oben bläst ein kalter Wind und wir steigen nur kurz aus. Plan ist, über den Gotthard- und Furkapass wieder ins Wallis zu fahren – für die nächsten Tage ist sehr gutes Wetter ankündigt und so können wir Dinge, die wegen des Schneefalls ausgefallen sind, nachholen.

Zur Übernachtung reicht uns heute ein Parkplatz in Personico an der Gotthardautobahn, gefunden mit Park4Night.

Lago di Lei
bei Juf
Averstal
Kirche in Avers-Cresta
Murmeltier
San Bernardino Pass