Krankenhaus statt Norwegen | Das etwas andere Urlaubsvideo

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Unser Start in den 5-wöchigen Roadtrip nach Nord-Norwegen verläuft komplett anders als geplant. Direkt am 1. Tag müssen wir wegen eines medizinischen Notfalls von Adriano die Reise abbrechen. Hier erzählen wir euch, was passiert ist und wie die Sache ausgegangen ist.

Ein ganz normaler Urlaubsstart

Am 25.08.2023 starten wir planmäßig zu unserer Tour nach Nord-Norwegen. Erstes Ziel ist der nördliche Teil des Helgelandsküstenwegs; danach soll es auf die Lofoten, die Vesterålen und Sonja gehen. Mehr als 3.000 km liegen vor uns und wir freuen uns riesig auf die nächsten 5 Wochen.

Zwischenstopp beim AdriaVanCamp in Vöhl

Auf dem Weg in der Nähe des Edersees findet auch in diesem Jahr wieder das AdriaVanCamp beim Campingplatz Teichmann statt, an dem wir 2022 schon teilgenommen haben. Bis Sonntagmorgen möchten wir dort bleiben, bevor es dann Richtung Dänemark geht.

Den Nachmittag führen wir viele nette Gespräche mit „Adrianern“, kochen abends etwas und beginnen gegen 21:30 mit dem Abwasch.

Der Notfall

Adriano trocknet wie immer ab und sagt plötzlich, dass er sehr starke Kopfschmerzen hat. Ich soll ihm eine Schmerztablette geben und danach möchte er sich ins Bett legen. Mir kommt sofort ein schlimmer Verdacht, den ich ihm gegenüber aber noch nicht äußern möchte. Adriano ist auch nicht unbedingt der „Arztgänger“ und meint, man könne ja noch bis zum nächsten Morgen warten – vielleicht ist dann alles wieder normal.

Als dann aber nach 15 Minuten Erbrechen auftritt, weiß ich, dass ich sofort handeln muss. 15 Jahre lang war ich Ersthelfer an meiner Arbeitsstätte und kenne einige Kardinalsymptome lebensbedrohlicher Krankheiten. Also rufe ich draußen vor dem Camper einen Rettungswagen, der glücklicherweise keine lange Anfahrt hat und schon 15 Minuten später vor Schorschi steht. Liebe Mitcamper haben mit Taschenlampen geholfen, dass die Sanitäter schnell zu unserem Fahrzeug finden.

Nach einer kurzen Erstuntersuchung wird Adriano in den RTW gebracht und ca. eine halbe Stunde durchgecheckt. Dann heißt es ab ins Krankenhaus – ich kann nicht mitfahren, weil kein Platz im Wagen ist, soll sowieso erst mal zur Ruhe kommen und in ca. 2 Stunden im Krankenhaus anrufen. Leider hänge ich gegen 1 Uhr in der Telefonwarteschleife und erfahre erst nach 15 Minuten, dass es noch keine Meldung aus der Aufnahme gibt. Ein Arzt werde sich in den nächsten 30 Minuten bei mir melden. Auch das gestaltet sich schwierig, denn ausgerechnet bei diesem Campingplatz gibt es mal wieder eins der berühmten deutschen Funklöcher. Der Arzt braucht 4 Anläufe, bis er mich am Telefon versteht, und teilt mir mit, dass Adriano in 30 Minuten notoperiert wird, da er ein Hirnblutung hat – genau meine Vermutung! Es sei besser, wenn ich zum Krankenhaus käme, was mich noch mehr beunruhigt, denn das bedeutet nichts Gutes. Mir ist natürlich klar, dass eine Hirn-OP immer Risiken birgt.

Fahrt zum Krankenhaus

Andere würden nun vermutlich ein Taxi rufen, um nicht selbst in der Aufregung fahren zu müssen. Das kommt für mich aber nicht in Frage, denn ich möchte Sunny nicht auf unbestimmte Zeit alleine lassen. Außerdem möchte ich mein Zuhause mitnehmen, in dem ich mich wohl und sicher fühle. In diesen Minuten empfinde ich auch gar keine Nervosität – ich funktioniere einfach und bin mir sicher, dass ich die Fahrt sicher meistern werde.

Gut, dass wir mit Schorsch immer sofort starklar sind, weil wir nachts nie irgendwelche Sachen draußen liegen lassen. So kann ich sofort los, stehe aber bei der Ausfahrt an der Schranke, die sich nicht öffnet. Ich muss den Platzwart mit der Notrufklingel herbeirufen, der aber selbst ratlos davor steht. Ein Gewitter am Vormittag hätte mehrmals dafür gesorgt, dass die Sicherungen auslösen – das könnte auch jetzt der Grund sein. Er findet aber noch nicht mal den Sicherungskasten und es vergeht Minute um Minute. Nach einer halben Stunde kommt ein Ehepaar vorbei (keine Ahnung, was die. beiden um diese Zeit hierher führte), und der Mama findet tatsächlich den Mechanismus, um die Schranke manuell hochzuheben. Um 2 Uhr kann ich also endlich abfahren, muss aber eine Umleitung nehmen, das die BUndesstarsse nach Korbach gesperrt ist. der Weg führt über Hügel rauf und runter, durch enge dunkle Straßen, zu allem Überfluss fängt es auch noch an zu regnen. Normalerweise würde ich nie und nimmer so eine Strecke unter diesen Bedingungen fahren, aber heute klappt das alles problemlos, zumal um diese Zeit keine Gegenverkehr herrscht. Kurz vor 3 Uhr erreiche ich dann endlich den fast leeren Krankenhausparkplatz, führe noch kurz Sunny aus und komme mit der Nachtklingel ins Krankenhaus.

Bange Stunden

Der Arzt hatte mir am Telefon gesagt, dass die OP ungefähr 30 bis 60 Minuten dauert. Ich muss aber bis 6 Uhr warten, bevor mich eine Intensivschwester für 5 Minuten endlich zu Adriano bringt, der die OP gut überstanden hat. Ich bin erleichtert, dass er nicht künstlich beatmet wird und dass die ersten Funktionstests keinerlei Folgeschäden zeigten. Auch bei meinem nächsten Besuch um 11 Uhr sieht alles sehr gut aus: er spricht mit mir und kann sich auch noch an vieles vom Vorabend erinnern.

Was für eine Erleichterung!!!

Leben im Krankenhaus und auf dem Parkplatz

3 Tage muss Adriano auf der Intensivstation bleiben und es geht ihm zusehends besser. Anfangs noch etwas schläfrig, kommen die Lebensgeister mehr und mehr zurück und so kann er bereits am Dienstag auf die Normalstation verlegt werden.

Für mich sind die Tage geprägt durch die Besuche vormittags und Nachmittags von jeweils 2-3 Stunden bei Adriano, zwischendurch immer wieder Laufen mit Sunny, die sich hervorragend verhält und wohl spürt, dass dies eine außergewöhnliche Situation ist. Die Krankenhausverwaltung, bei der ich mich gemeldet habe, duldet meine 24-Stunden-Anwesenheit auf dem Parkplatz, für den ich 5 € pro Tag zahle. VIELEN DANK AN DIESER STELLE!!!

Zweimal muss ich zum Womo-Stellplatz in Korbach (toll angelegt und nagelneu mit Duschen und WC’s) , um Wasser aufzufüllen und Urin zu entleeren. An diesen Tagen zahle ich natürlich doppelt für den Parkplatz, weil es ein 24-Stunden-Ticket ist, das immer von 0 bis 24 Uhr gilt. Strom liefert mir an sonnigen Tagen unsere Solartasche. Weil das aber nicht reicht – ich fahre ja nicht und der Kühlschrank läuft auf Hochtouren, nachts sogar schon die Heizung – lasse ich nach meinen Besuchen auf dem Stellplatz in einem Gewerbegebiet 1 Stunde den Motor laufen, so dass der Ladebooster 40 Ah in die Aufbaubatterie schaufeln kann.

Mir haben die letzten Tage gezeigt, wie wichtig es ist, dass auch wir Frauen – meistens nur Beifahrer – mit dem Camper umgehen können. Nicht nur die Technik müssen wir im Griff haben, es gehört auch das Fahren durch enge Straßen und rückwärts einparken dazu. Allen, die sich das bei bestem Willen trotzdem nicht zutrauen, sei gesagt, dass es auch für solche Situationen Lösungen gibt. Der ADAC kümmert sich – auch im Ausland – um einen Ersatzfahrer, der das Womo zurück zum Heimatort fährt.

Die Entlassung naht

Adriano erholt sich rasend schnell von den Strapazen und besucht mich ab Tag 8 vormittags und nachmittags auf dem Parkplatz im Schorschi. Wie ist das schön, einfach zusammen zu sitzen und gemeinsam eine Tasse Kaffee zu schlürfen! Montags dann die tolle Nachricht, dass das Kontroll-CT gut aussieht und Adriano am nächsten Tag entlassen wird. Und so können wir am 05.09. mit vertauschten Rollen (ich Fahrer, er Beifahrer) den Heimweg antreten.

Ausblick

Einige Tage werden wir nun zuhause die weitere Entwicklung beobachten, den Hausarzt einige Male aufsuchen und hoffentlich bald schon wieder zu Touren mit dem Camper aufbrechen können. Norwegen ist fix für nächstes Jahr eingeplant, in diesem Herbst werden wir noch einige Regionen in der Schweiz erkunden und davon berichten.