Roadtrip Normandie Teil 2 | Étretat, Rouen, Jumièges

Im 2. Teil fahren wir zunächst entlang der Alabasterküste von Fécamp nach Étretat mit seinen bekannten Felsbögen im Meer, bevor wir uns die Stadt Rouen und die schönste Ruine Frankreichs, das Kloster Jumièges anschauen.

Fahrt nach Étretat am 25.04.2023

Zu unserem heutigen Tagesziel Étretat sind es nur 20 km. Auf diesem Abschnitt verläuft die Straße relativ weit entfernt von der Küste und man hat mit einem Camper kaum die Möglichkeit, am Ende kleiner Stichstraßen anzuhalten. Stört uns aber auch nicht, denn wir wollen ja gleich in Étretat an den Klippen wandern gehen. 

Allerdings ist auch dort das Kurzzeitparken mit dem Campervan unmöglich, noch dazu an so einem sonnigen Tag wie heute. Im gesamten Ort sind die Parkplätze nur für Pkw’s erlaubt und so fahren auch wir den offiziellen Stellplatz an. Dieser kostet 11 € für 24 Stunden und bietet Platz für 30 Wohnmobile. Selbst jetzt in der Nebensaison sollte man zwischen 10 und 12 Uhr anreisen, um noch einen Platz zu finden – wir haben Glück und erwischen um 14 Uhr den letzten und schönsten ganz hinten am Zaun vom Campingplatz.

Es gibt eine V/E-Station außerhalb, die auch ohne Stellplatzgebühr genutzt werden kann. Alternative ist der benachbarte Campingplatz, der aber pro Tag mehr als 20 € ohne Strom kostet. Wir haben einige Womos gesehen, die unerlaubterweise im absoluten Halteverbot an Straßenrändern im Ort parkten („förderlich“ fürs Image der Womo-Fahrer). Hier muss man aber mit Bußgeldern rechnen oder mit der Polizei, die einen auch noch mitten in der Nacht wegschickt.

Adresse: 76790 Étretat, Rue Guy de Maupassant 90-92 (auch in Park4Night)

Stellplatz von Étretat
V/E-Station vor dem Stellplatz frei zugänglich – Wasser gegen Gebühr

Klippenwanderung

Nun haben wir einiges an Laufstrecke vor uns – alleine bis zum Strand von Étretat sind es schon 1,5 km vom Stellplatz aus. Für Lauffaule gibt es direkt vor dem Stellplatz eine Bushaltestelle, aber wir haben keinen einzigen Bus gesehen, der fährt – keine Ahnung, ob das in der Hochsaison anders ist.

Je näher wir dem Ortszentrum kommen, umso größer wird die Menschenmenge. Uns war schon klar, dass wir bei so einem Wetter nicht alleine hier sein werden, aber dieser Andrang überrascht uns schon. Die Osterferien sind in Frankreich vorbei und trotzdem sind jede Menge Einheimische unterwegs, die auch Richtung Klippen oder Strand unterwegs sind.

Vom Strand aus kann man links schon das bekannte Felsentor, das Port d’Aval sehen, das an einen Elefantenrüssel erinnern soll. Auf der rechten Seite der Bucht liegt das kleinere Porte d’Amont mit der Kapelle Notre-Dame-de-la-Garde oben auf den Klippen.

Der nordöstliche Küstenweg sieht nach einer wahren Völkerwanderung aus, also nehmen wir den westlichen – auch wegen des Sonnenstands zum Filmen (kein Gegenlicht fürs Ablichten der Felsenbögen). Am Anfang muss man viele Treppenstufen erklimmen, um zur 1. Aussichtsplattform zu gelangen. Auf der Treppe herrscht großes Gedränge mit Gegenverkehr und das Tempo wird von den langsamsten bestimmt. Idyllisch ist anders, aber die Aussicht auf die Bucht ist schon toll dort. Wir wollen natürlich noch weiter hinauf und der Betrieb nimmt auch etwas ab, je mehr man Höhe gewinnt und weiter vom Ort weg kommt. Das ist dann wohl doch einigen zu anstrengend, obwohl mit etwas Zeit und Muße durchaus machbar, auch für Unsportliche wie wir es sind.

Auf dem Weg direkt oben am Porte d’Aval nochmals ein wenig Gedränge, bevor es den Küstenweg weiter geht zum nächsten Felsentor, dem La Manneporte. Unterwegs hat man immer wieder tolle Ausblicke auf das Porte d’Aval, schön mit der Sonne im Rücken. Was uns etwas ärgert – Adriano macht trotz des starken Winds mit der Drohne sehr schöne Aufnahmen der Felsenbögen (alle 3 hintereinander), aber die Kamera zeichnet nicht auf – merken tun wir das leider erst abends. Das kommt davon, wenn man nicht sofort alles kontrolliert.

In der Ferne sieht man noch einen Leuchtturm, aber das ist uns dann doch zu weit an diesem späten Nachmittag, zumal Adriano noch arbeiten muss. Also machen wir uns auf den Rückweg und beschließen, am nächsten Morgen den Küstenweg in die andere Richtung zum Porte d’Amont und zur Kapelle zu laufen. Gerne würden wir in Étretat noch etwas essen gehen, aber die Restaurants mit den großen Fotos der Speisen schrecken uns irgendwie ab. Es ist schon seeehr touristisch hier.

Nach 7 km kommen wir mit müden Füßen am Van an, richten schnell eine schöne Käseplatte und kommen unseren „Pflichten“ nach (Adriano im Job, ich mit dem Schnitt des 1. Normandie-Videos).

Porte d’Amont am nordöstlichen Ende der Bucht mit Kapelle
Porte d’Aval
Bucht von Étretat
La Manneporte

Stadtbesichtigung Rouen

Leider ist das Wetter am nächsten Morgen sehr trüb und wir streichen unsere Tour auf die andere Klippenseite, denn bei dem diesigen Himmel würde das die Eidrücke des Vortags nur schmälern. Stattdessen beschließen wir einen Stadtbummel durch das 90 km entfernte Rouen im Hinterland einzuschieben. Gut, dass wir die französische Umweltplakette haben, denn im Großraum der Stadt wird diese verlangt. Was es mit der Plakette auf sich hat, haben wir euch im 1. Teil ausführlich beschrieben.

Die Fahrt dauert über Nebenstrecken knappe 2 Stunden – wir finden einen bezahlbaren Parkplatz 15 Minuten Fußweg von der Altstadt entfernt an der Seine (Quai de Paris in P4N), aber es gäbe auch weiter entfernt kostenlose Möglichkeiten.

Im alten Rouen, früher Stadt der hundert Kirchtürme genannt, sind noch ca. 2000 Fachwerkhäuser  aus dem Spätmittelalter erhalten. Zentral gelegen findet man die gotische Kathedrale mit ihrem 151 Meter hohen Turm – bis zur Fertigstellung des Kölner Doms 1880 das höchste Gebäude der Welt. Bei unserem Besuch ist dieser Turm leider gerade eingerüstet. Im Inneren findet man einen Steinsarg mit den Überresten von Richard Löwenherz, zumindest seinem Herzen, denn einer alter Tradition folgend wurde sein Leichnam geteilt und Körper, Herz und Eingeweide an 3 verschiedenen Orten beigesetzt. 

Kathedrale
Steinsarg von Richard Löwenherz

Etwas makaber wird es auch beim ehemaligen Massengrabfriedhof Aître Saint-Maclou aus dem 16. Jahrhundert. Zu Zeiten der Pest gab es so viele Tote in Rouen, dass man um den Innenhof eine dreistöckige Galerie baute und dort die Gebeine der Toten sichtbar aufbewahrte. Auch heute noch schmücken Totenschädel und Knochen die Balken. Mittlerweile sind in den Gebäuden Galerien, Geschäfte und ein Restaurant untergebracht.

Aître Saint-Maclou
Totenköpfe und Knochen im Gebälk

Gefährlich ging es früher in den engen Gassen zu, die auch Coupe Gorge genannt wurden, was soviel heißt wie „Kehle durchschneiden“. Ohne Fluchtmöglichkeit ging es hier um ‚Geld oder Leben‘, was wir eindrücklich in der Rue des Chanoines spüren.

Eine der bedeutendsten Sehenswürdigkeiten Rouens ist die mehr als 500 Jahre alte große astronomische Uhr, deren Uhrwerk immer noch intakt ist. Sie hat einen Durchmesser von 2,50 m und zeigt nicht nur die Zeit, sondern auch die Wochentage und Mondphasen an. Die Spitze des Zeigers schmückt ein Lamm, Wappentier der Stadt. Wir sind allerdings nicht in der Lage, diese Sachen abzulesen.

Am Alten Markt, dem Platz, an dem Jeanne d’Arc verbrannt wurde, steht zu ihren Ehren seit 1979 die nach ihr benannte Kirche. Die äußere Form des Daches soll an die Rauchwolken und Flammen des Scheiterhaufens erinnern, das Innere ist sehr modern gehalten. Nebenan findet man noch die Markthalle – das Angebot an frischer Ware ist aber sehr überschaubar. Es gibt einen Händler mit Fisch und einen mit Käse, also erwartet keine Markthallen im üblichen Sinne.

Nun geht es noch zur Rue Eau-de-Robec, der angeblich schönsten Straße in Rouen. Bei den jetzigen kalten Temperaturen ist aber vom Flair der Gasse noch nicht viel zu spüren. Im Sommer soll es hier viele Cafés und Restaurants entlang des winzigen Baches geben.

Mit dem Wetter haben wir Glück gehabt und den Schirm brauchen wir nicht. Nach 8 km qualmen jetzt unsere Füße und wir sind froh, wieder bei Schorschi zu sein. Zum Abschluss fahren wir noch zum Aussichtspunkt ‚Panorama de la Cote Sainte Catherine‘ mit Blick auf die Altstadt. Dieser Anblick diente Claude Monet als Vorlage für eines seiner berühmten Gemälde – ob er es gut getroffen hat, könnt ihr anhand einer großen Tafel mit einer Abbildung seines Gemäldes selbst entscheiden. 

Claude Monet: Blick auf Rouen
Claude Monets Vorlage: der Blick vom Panoramapunkt

Schlafplatz in St. Martin-de-Boscherville

Unseren heutigen Schlafplatz finden wir über P4N direkt an der Seine. Neben uns steht ein anderes Wohnmobil, ansonsten kommen nur Jogger und Hundebesitzer vorbei. Der Schiffsverkehr hält sich in Grenzen (abends sehen wir nur eins) und nachts hören wir gar nichts. Mülltonnen stehen ebenfalls dort.

Adresse: 76840 St. Martin-de-Boscherville, La Petite Oseraie, Koordinaten: 49.4493, 0.9388; N 49°26’57“, E 0°56’20“

Unsere 1. Abtei St. Georges

Am nächsten sonnigen Morgen machen wir zuerst einen kurzen Stop bei der Abtei St. Georges hier am Ort. Die Kirche ist innen hell und schlicht, der Garten mit seinen Apfelbäumen soll sehr sehenswert sein, ist aber leider geschlossen. So muss die Drohne für uns einen Blick hinein werfen. Die Anzahl der blühenden Bäume hält sich aber sehr in Grenzen. 

2. Abtei Jumièges

Die Fahrt zur Klosterruine dauert nicht lang. Am Eingang prangt mal wieder ein großes Schild: Hundeverbot! So werde ich die Ruine alleine besichtigen und Adriano geht mit Sunny zum Van zurück. Bei unserer Verabschiedung schafft es Sunny doch tatsächlich, durch das Gitter zu schlüpfen – wir lachen uns kaputt und Sunny muss wieder auf die andere Seite – Pech gehabt.

Das im Jahr 654 gegründete Benediktinerkloster Jumièges gilt als schönste Ruine Frankreichs. Mehrmals zerstört und wiederaufgebaut wurde es nach der französischen Revolution als Steinbruch genutzt. Die Überreste sind gegen Eintritt (7 €) zugänglich und erfreulicherweise wenig besucht, so dass ich fast alleine durch das Gelände streifen kann. 

Viel erhalten ist wirklich nicht mehr, aber die Überreste strömen eine herrliche Ruhe aus und ich verweile über eine Stunde zwischen den alten Mauern. Der Himmel zieht merklich zu und der Wetterbericht wird auch heute Recht behalten – es ist Regen ab 16 Uhr angesagt. Adriano schickt noch kurz die Drohne rauf und weiter geht es auf einer wunderschönen Strecke an der Seine entlang.

Unser 1. Abendessen in einem Restaurant

Im Le Clandestin, einer Fleischbar in Caudebec-en-Caux, sucht man sich sein Steak aus einer Vitrine aus und bekommt es kurze Zeit später auf den Punkt zubereitet serviert. Wir haben Glück, ohne Reservation einen Platz zu ergattern und stehen kurz darauf vor der Fleischauslage. Große Kenner der unterschiedlichen Fleischstücke sind wir nicht und so greifen wir auf Bewährtes zurück. Adriano wählt ein Entrecôte, ich ein Flanksteak. 15 Minuten später steht ein perfekt gegartes Medium-Steak vor unserer Nase und wir genießen es, bedient zu werden. Die Pommes Frites sind eher Durchschnitt, aber das Fleisch mit Sauce nach Wahl ist wirklich sehr gut. Wir lassen uns noch zu einem Dessert überreden, das die Mutter des Hauses selbst zubereitet – Apfeltarte und Mousse au Chocolat – die Begeisterung hierüber hält sich allerdings in Grenzen (Apfeltarte zu süß, Mousse nicht schaumig).

Nun suchen wir uns nur noch einen Schlafplatz in der Nähe und hoffen auf trockenes Wetter am nächsten Tag.