Dies darf in keinem Normandie-Urlaub fehlen – die Gedenkstätten und Strände des D-Day, dem 1. Landungstag der Alliierten im 2. Weltkrieg. Aber auch die Natur kommt nicht zu kurz, denn nach all den aufwühlenden Momenten kommen wir im nördlichen Teil der Halbinsel Cotentin wieder zur Ruhe.
Überquerung der Seine (28.04.2023)
Bei unserem Schlafplatz in Norville probiere ich zum 1. Mal einen Backautomat aus. Die lokale Bäckerei gibt es leider nicht mehr und ist durch einen Selbstbedienungsautomaten ersetzt worden. Mal sehen, ob ich mit dem Teil klar komme. Dieser Automat wird von einer Großbäckerei mit gebackenen Broten gefüllt; es wird also nicht frisch vor Ort in der Maschine nachgebacken.
Die französischen Bedienungsanleitungen kann ich zum Glück halbwegs übersetzen und so starte ich den Auswahlprozess. Ich brauche allerdings ein paar Rüden, bis ich mich für ein Baguette entscheiden kann, das einigermaßen o.k. aussieht. Abschließend noch zahlen – ohne Kreditkarte geht auch hier nichts mehr – und die Klappe öffnet sich. Adriano kostet sofort und meint, es sei gar nicht so schlecht (wir hatten ja schon alles Mögliche an Pappbroten auf unsren Tellern).


Nun geht es wieder ab an die Küste, denn… die Prognose sagt nur dort Sonne voraus. Wir nehmen die Brücke bei Tancarville über die Seine, mit 608 Metern die längste Hängebrücke Frankreichs. Hier zahlt man Maut – mit 3,40 € halb so viel wie über die Brücke Pont de Normandie bei Le Havre.
Aber natürlich schauen wir uns die bekannte Pont de Normandie auch an, die Le Havre mit Honfleur verbindet. Mit ihrer Spannweite ist sie die längste Schrägseilbrücke Europas. Kastenwagen in unserer Größe zahlen für die Nutzung 6,70 €.


Küstenorte
Wir durchfahren das Städtchen Honfleur, sind aber auf den 1. Blick nicht davon überzeugt, hier anhalten zu müssen. Es herrscht reger Trubel und Wohnmobilisten will man hier sowieso nicht haben. Alle zentrumsnahen Parkplätze haben eine Höhenbeschränkung von 2 Metern. Wir könnten uns 1,5 km außerhalb in eine Parklücke am Straßenrand quetschen, aber das wird dann ein längerer Halt mit dem Hin und Zurück in die Stadt. Also ist Honfleur gestrichen.


Auf der Küstenstraße erhaschen wir noch einen kurzen Blick auf die imposanten Hafenanlagen von Le Havre, bevor es durch die nächsten Orte geht. Hier gleicht einer dem anderen – typische Badeorte mit Kirmes, Casinos und einer langen Kette von Restaurants an der Hauptstraße. Nichts, was uns zu einem Stop animiert. Im ADAC-Tourset ist von einem der schönsten Dörfer Frankreichs die Rede, zu dem es nicht sehr weit ist. DAS hört sich doch viel besser an. Die Fahrt führt über die Route du Cidre, dem berühmten französischen Apfelschaumwein. Ich hoffe auf herrliche blühende Apfelbaumplantagen entlang der Strecke, Fehlanzeige, dafür gibt es ein hübsches winziges Einzimmer-Rathaus am Straßenrand zu sehen – sehr niedlich.


Beuvron-en-Auge
Kurze Zeit später erreichen wir Beuvron-en-Auge, das im 12. Jahrhundert entstanden ist und vor 45 Jahren nach und nach liebevoll restauriert wurde. Der Ortskern ist zwar klein, aber wirklich sehr hübsch. Rund 20 Cidre-Bauern gibt es in der Umgebung und im Herbst findet das große Cidre-Fest im Ort statt – dann ist hier sicher mehr los als heute. Im Haus eines Cidre- und Calvados-Erzeugers könnten wir probieren, kaufen aber 2 Flaschen einfach so auf Risiko! Durst haben wir trotzdem bekommen und so sitzen wir kurze Zeit später in einer Bar mit 2 Gläsern Cidre (ich habe schon Süßeren getrunken). Heute ist ‚regionale Spezialitäten-Tag‘, und wir landen auch noch in einer Creperie, in der wir die ersten Galletes unseres Lebens essen. Sehr lecker!!




Wir haben heute 100 km gemacht und so wird es Zeit für einen Schlafplatz, den wir im winzigen Ort St. Samson auf dem Kirchplatz finden. In den Gärten drumherum stehen herrlich blau blühende Bäume, aber ich kann bei Professor Google nichts finden. Mal sehen, ob mir die Zuschauer unsers Videos weiterhelfen können.
D-Day
Nun folgt eine kurze Erklärung, was der D-Day überhaupt ist, denn man kann nicht voraussetzen, dass diesen Tag alle noch aus der Schulzeit kennen.
Mit D-Day wird ursprünglich ein Stichtag benannt, im Deutschen vergleichbar mit dem Ausdruck Tag X. Heute steht D-Day speziell für den 06. Juni 1944, der Tag, an dem die Alliierten ihre Landung in der Normandie begannen und damit den Grundstein für die Befreiung Westeuropas von der Naziherrschaft legten. Innerhalb einer Woche landeten 6400 Schiffe und brachten 326.000 Mann, 104.000 Tonnen Material und 54.0000 Fahrzeuge an Land, um den Atlantikwall, den die Deutschen an der Küste von Norwegen bis Frankreich errichtet hatten, in diesem Bereich zu durchbrechen und die Sowjets an der Ostfront zu entlasten. Die Operation Overlord forderte bis zur Eroberung von Paris im August 1944 knapp 300.000 Tote, darunter auch 20.000 Zivilisten.
Unsere Fahrt entlang der D-Day-Strände (29.04.2023)
Entlang der Strandabschnitte gibt es eine Vielzahl von Museen und Denkmälern, die an die Schrecken jener Tage erinnern. Schilder an den Straßen mit der Aufschrift ‚1944‘ markieren eine Route, auf der viele dieser Gedenkstätten besichtigt werden können.
Wir fahren als erstes zum Juno Beach, an dem die Kanadier anlandeten. Ins Museum können wir wegen Sunny nicht, aber wir schauen uns kurz die Überreste der Bunker an und stehen vor den Säulen, auf denen Namensschilder gefallener Soldaten angebracht sind.


Nächster Halt ist beim British Memorial nahe des Gold Beach. Auf einem sehr großen Areal hat man ein großes Rechteck mit unzähligen Säulen errichtet, in die ebenfalls die Namen gefallener Soldaten geritzt sind. Das Memorial steht auf einer Anhöhe und man kann gut den Strand überblicken. Sogar Überreste der künstlichen Nachschubhäfen (Mulberry-Häfen) sind hier in der Entfernung noch zu sehen. In der Ruhe der Anlage überwältigen mich plötzlich Erinnerungen an meinen Vater, der 1941 mit 19 einberufen und zweimal im Panzer abgeschossen wurde. Er hat den Krieg zwar körperlich halbwegs unbeschadet überlebt, aber nachts wachte er von Alpträumen geplagt oft weinend und schreiend auf. Da mein Bett bis zu meinem 7. Lebensjahr im Schlafzimmer meiner Eltern war, habe auch ich das mitbekommen und die Erinnerung daran ist noch sehr lebendig, wie ich hier wieder merke. Es fließen einige Tränen, aber ich beruhige mich mit dem Gedanken, dass ohne den D-Day viele Menschen nicht leben würden, vielleicht auch ich nicht. So haben die schrecklichen Ereignisse der damaligen Zeit viele Opfer gefordert, aber auch andere Menschenleben gerettet oder erst ermöglicht. Als wir das Gelände verlassen, kommen uns viele britische Soldaten entgegen, die sich am Memorial versammeln. Ob heute ein spezieller Gedenktag ist oder es sich um geschichtlichen Unterricht handelt, wissen wir nicht.


Nahe des Omaha Beach liegt der amerikanische Soldatenfriedhof – auf einer Fläche von 49 ha befinden sich 9.387 Gräber, die durch ein Kreuz oder einen Judenstern markiert sind und so angeordnet sind, das sich aus verschiedenen Blickwinkeln immer gerade Achsen ergeben. Sehr eindrücklich! Die Größe des Areals kann man am besten aus der Luft sehen und so lässt Adriano weit entfernt noch die Drohne steigen.
Nach einem Stop am Omaha Beach mit seinem Denkmal fahren wir noch zum Pointe du Hoc, einer Landspitze zwischen Omaha und Utah Beach. Hier landete am 06. Juni 1944 eine Ranger-Spezialeinheit, die die 30 Meter hohen Felsen erkletterte und die Bunkeranlage einnahm, von der die Landungsgruppen der Alliierten attackiert werden konnten. Obwohl es ein großes Gelände ist ohne Gebäude, dürfen Hunde nicht mit – schade!




Es ist schon spät und mir ist nach Entspannung und Ruhe. In Grandcamp-Maisy können wir am Straßenrand recht ruhig stehen und direkt aufs Meer schauen. Während ich koche, geht die Sonne zwar hinter Wolken unter, aber sie taucht den Himmel in herrliche Orange-Töne.
Utah Beach (30.04.2023)
Unser Aufenthalt am Utah Beach ist nur kurz. Museum aus bekannten Gründen nicht möglich; nebenan gibt es nur ein relativ kleines Denkmal, das schnell angeschaut ist.
Cotentin-Halbinsel
Auf unserer Fahrt nach Barfleur kommen wir hinter St. Vaast an den Austernbänken von Tatihou vorbei. Der starke Tidenhub und die dadurch verursachte starke Meeresströmung sorgt für eine kräftige Durchmischung, so dass die Austern perfekte Bedingungen fürs Wachstum haben. Interessant, die riesigen Flächen mit den Körben auf den Gestellen zu sehen.


Barfleur selbst macht einen etwas verschlafenen Eindruck. Wir bummeln am Hafen entlang, schauen kurz in die Kirche St. Nicolas und fahren dann zu den Leuchttürmen Gatteville. Diese haben wir aus der Entfernung zunächst für Industrieanlagen gehalten mit ihrer braun-grauen Farbe und den Gebäuden drumherum. Der Größere ist mit 75 Metern der zweitgrößte Leuchtturm Frankreichs. Es beginnt zu regnen und so bleibt es nur ein kurzer Halt.
An der Nordküste des Cotentin liegt das Cap Lévi, bei dem man angeblich Seelöwen und Delfine beobachten kann. Als wir dort ankommen, scheint sogar die Sonne, aber von Delfinen und anderem Getier keine Spur. Der Küstenweg sieht aber sehr einladend aus und so laufen wir von unserem Parkplatz bis zum Leuchtturm. Unterhalb des Leuchtturms gibt es einen Parkplatz mit einer sagenhaften Aussicht. Das Stehen mit dem Wohnmobil ist hier erlaubt, wenn man kein Campingverhalten an den Tag legt. Darauf weist ein Schild eindrücklich hin und es sollte von allen beachtet werden, damit dieser schöne Platz für Camper noch lange erhalten bleibt. Ich würde gerne über Nacht hier bleiben, aber…..
Warum wir an diesem einzigartigen Platz nicht übernachtet haben, erfahrt ihr im nächsten Teil.


Unsere Routen aus Teil 3


