Roadtrip Normandie Teil 5 | Mont-Saint-Michel

Die letzten 2 Tage haben wir relativ schnell die Strecke entlang der Westküste der Cotentin-Halbinsel zurückgelegt. Und nun sind wir an unserem Wunschziel bei herrlichem Wetter angekommen – dem Mont-Saint-Michel. Ob unsere Erwartungen erfüllt werden, erfahrt ihr in diesem Blog und im zugehörigen Video. Ich werde übrigens im folgenden von MSM sprechen/schreiben, damit ich nicht immer den vollen Namen wiederholen muss.

Anreise

Wenn man aus Norden auf der Küstenstraße anreist so wie wir, hat man den Klosterberg fast immer vor Augen. Die Strecke wird hier auch als Route de la Baie ausgeschildert; gemeint ist damit die Strecke rund um die Bucht Mont-Saint-Michel. Einen Großparkplatz für Pkw’s gibt es gegenüber auf der Seite auf dem Festland (Zufahrt kostet Gebühr). Camper müssen einen Stellplatz oder Campingplatz aufsuchen, denn Freistehen ist in der Nähe unseres Wissens nach nicht möglich.

Geschichte und allgemeine Infos

Die Ursprünge des Klosterbergs liegen im Jahr 708, als der Bischof von Avranches auf dem Felsen ein Heiligtum errichten ließ. Im weiteren Verlauf wurden Gebäude zerstört, wieder aufgebaut und während der französischen Revolution sogar mal als Gefängnis genutzt. Das Kloster wurde zur Pilgerstätte und ist Station auf einem der vielen Jakobswege. Die Bucht gehört zusammen mit dem MSM seit 1979 zum Unesco Kulturerbe der Menschheit und hat die stärksten Gezeiten Europas. Geschätzte 2,5 bis 3,5 Millionen Besucher kommen jährlich hierher – dementsprechend voll kann es tagsüber zwischen 9 und 18 Uhr in den Gassen werden. Vom Festland aus verkehren ganztags ca. alle 15 Minuten Shuttle-Busse, deren Benutzung kostenlos ist (Hunde nicht erlaubt). Finanziert werden diese über eine Zutrittsgebühr, die man mit Fahrzeug bei Zufahrt zum Besucherzentrum zahlen muss. 24 Stunden kosten je nach Fahrzeuggröße zwischen 5,20 € und 9,80 €, abhängig von der Saisonzeit. Parkt man außerhalb dieses Bereichs, zahlt man diese Gebühr nicht.

Gezeiten am MSM

Bei Ebbe zieht sich das Meer aus weiten Teilen der Bucht 15 km zurück und man kann statt über die Brücke auch bei einer Wattwanderung die Insel erreichen. Aber Vorsicht: dies bitte nur in geführter Begleitung, denn Treibsand und unscheinbare, aber tiefe Wasserlöcher können sehr gefährlich werden. Besonders eindrucksvoll ist es, wenn sogar das Ende der Brücke geflutet wird und dann der Weg zum MSM abgeschnitten ist. Dies ist bei einem Gezeitenkoeffizient > 110 der Fall. Eine Übersicht der Tage, an denen das stattfindet, gibt es auf der Website des Tourismusbüros

http://www.bienvenueaumontsaintmichel.com/de

oder auf

https://www.ot-montsaintmichel.com/en/tide-schedules/

Am 25. März 2073 gibt es eine Springflut mit einem Koeffizienten von 120, also merkt euch diesen Termin schon mal vor.

Renaturierungsprojekt

Früher ermöglichte ein Straßendamm aus dem 19. Jahrhundert die Zufahrt und es gab sogar einen asphaltierten Parkplatz am Eingang zum Klosterberg. Dies verhinderte aber den ungehinderten Fluss der Meeresströmung und so versandete die Bucht immer mehr. 1995 beschloss man, diesen Prozess rückgängig zu machen, riss den Damm ab, ersetzte ihn durch die 2014 eröffnete Stelzenbrücke und baute an der Mündung des Flusses Couesnon ein Stauwehr und einen neuen Damm, um mit der Kraft des Wassers den größten Teil der Sandmassen während der 1. Stunde der neuen Flut mit hohem Druck zurück ins Meer zu schwemmen.

Stauanlage mit Aussichtsplattform und Blick auf den MSM
Stellvorrichtungen für die Wassersteuerung

Unsere 1. Tour zum MSM

Wir machen als erstes einen Stop beim Aussichtspunkt Grouin du Sud, an dem es einige wenige Parkplätze gibt und keine Höhenbeschränkung. 

Das Beste neben der tollen Aussicht ist ein alter 2CV, denn er beherbergt ein mobiles Café. Luke steht hier bei gutem Wetter und bereitet alle möglichen Kaffespezialitäten zu, sogar koffeinfreien gibt es für mich – wie genial ist das denn! 

https://cafedelabaie.fr

Café de la Baie am Grouin du Sud
Kaffee mit Aussicht

Unser Ziel ist zum Greifen nah – bleibt nur noch die Frage des Übernachtungsplatzes. Wir wollen es an einem Geschäft nahe des Campingplatzes MSM versuchen. Wenn man vor Geschäftsschluss da ist, kann man die Betreiberin – nach einem Einkauf versteht sich – fragen, ob man auf dem Privatparkplatz über Nacht bleiben kann. Bei unserer Ankunft um 16:00 ergattern wir die letzte Lücke – 6 andere Womos stehen schon dort.

Weil wir so gut in der Zeit liegen (es ist erst 16 Uhr), starten wir heute noch zu unserer 1. Besichtigungstour. Vielleicht ist das auch gar nicht so schlecht und es ist am späten Nachmittag nicht mehr so voll. Unsere Vermutung scheint sich zu bestätigen – es kommen uns sehr viel mehr entgegen als jetzt noch mit uns hinlaufen. Also alles richtig gemacht? Je näher wir dem Eingang kommen, umso skeptischer werden wir aber. Die größere Gasse mit Restaurants und Shops ist überfüllt, ich möchte mir gar nicht ausmalen, wie voll es hier im Juli/August ist. Wir entdecken links eine kleine Treppe zwischen Mauern, die steil den Berg hinauf führt. Innerhalb von Sekunden sind wir weg vom Trubel. Es eröffnen sich immer wieder tolle Ausblicke auf die Bucht und das Watt (Fluthöchststand ist in knapp 2 Stunden).

Die Abtei können bzw. wollen wir nicht besichtigen. Zum einen sind Haustiere nicht erlaubt und zum anderen sind wir zu spät dran. Letzter Einlass ist um 18 Uhr, wir haben 10 nach sechs, als wir vor der Tür stehen. Aber uns reicht vollkommen das Schlendern durch die Gassen abseits des Trubels. Kurz vor 19 Uhr hat sich die Gasse, durch die vorhin kein Durchkommen war, merklich geleert und wir wagen uns nun hinein. Hier erinnert uns vieles an die Festung im französischen Carcassonne.

Adriano macht an einer abgelegenen Stelle unten am Wasser noch einen Drohnenflug und dann geht es wieder Richtung Camper.

am Beginn des 2,5 km langen Wegs über die Brücke
überfüllte Gasse im unteren Bereich
Ausblick aufs Watt
MSM von oben

Die Warteschlange beim Shuttle-Bus ist nach wie vor lang. Auch das tangiert uns nicht, denn Hunde dürfen nicht mit mit dem Bus fahren. Also müssen unsere Füße die letzten 3 km auch noch schaffen. Die Flut füllt die Bucht und der Mont-Saint-Michel wird zur Insel, wenn man mal von der Brücke absieht. So haben wir heute Eindrücke sowohl bei Ebbe als auch bei Flut gesammelt. Wir werden heute Nacht nach 8,5 km Fußmarsch auf jeden Fall sehr gut schlafen. 

2. Tour zum MSM

Nachts ist es vollkommen ruhig an dem Hofladen – kein Durchgangsverkehr oder sonstige Störungen. Mit der Aussicht auf den MSM liege ich noch etwas im Bett, bevor wir nach dem Frühstück nochmals zum Klosterberg laufen, um fürs Filmen das Morgenlicht auszunutzen. Die Tageszeit ist für Aufnahmen nicht ganz unerheblich. Die „Schokoladenseite“ des MSM weist Richtung Süden und so hat man den geringsten Schattenwurf um die Mittagszeit. Gestern Abend stand die Sonne im Westen und die Gebäude sahen daher recht dunkel aus. Deshalb jetzt nochmals ein Anlauf mit Sonne aus Südost.

Um diese Zeit bewegen sich die Besucherströme natürlich Richtung Kloster, was uns aber gar nicht stört, denn wir möchten gar nicht mehr ins Innere, sondern in einiger Entfernung zur Brücke nahe des Watts filmen. Adrianos 1. Versuch mit der Drohne entwickelt allerdings eine ganz besondere Dynamik. Das Gimbal der Drohne bzw. der Motor ist bei diesem starken Wind überfordert und liefert ziemlich „schräge“ Aufnahmen, im wahrsten Sinne des Wortes. So sitzen wir etwas im Gras und genießen nochmals die hier herrschende Ruhe und herrliche Aussicht. Nicht weit von uns ist eine Gruppe zur geführten Wattwanderung unterwegs. Ab und zu laufen einige im Kreis und wir überlegen, ob das eine bestimmte Bedeutung hat. 

Nach einer halben Stunde lässt der böige Wind etwas nach und Adriano startet seinen 2. Flugversuch – der sitzt. Wir sind froh, dass die Drohne danach wieder wohlbehalten bei uns ist und schlendern nun zurück. Am Festland schauen wir uns noch die Stauanlage des Flusses Couesnon an, Teil des großen Renaturierungsprojekts der Bucht (siehe oben).

Nahe der Stauanlage befindet sich der touristisch erschlossene Ausgangspunkt für einen Besuch des MSM. Parkplätze für 4.000 Pkw’s, Restaurants, Bars, die Haltestelle für die Shuttle-Busse und einen Camping-Platz findet man hier. Heute waren es für uns nochmals 7 km Fußmarsch, Sunny ist nach den 2 Tagen erstmal platt.  

Alternativen für den Camper

Pole-Position mit nur 2,5 km bis zum Klosterberg hat der Campingplatz MSM beim Hotel Vert. Er ist von April bis Anfang Oktober geöffnet und hat knapp 90 Plätze. Andere Camping-bzw. Stellplätze liegen etwas weiter entfernt, so dass man von dort ein vielleicht vorhandenes Fahrrad nutzt, um sich den langen Anmarsch zu ersparen. 

nächstgelegener Campingplatz zum MSM
schattige Plätze vorhanden

Das Gelände rund um das „Besucherzentrum“ ist durch Schranken abgesperrt, für die man einen Zugangscode benötigt. Diesen kann man vorab per Mail bestellen.  Pro 24 Stunden zahlt man vom 01.04. bis 30.09. (Hochsaison) für den Zugang mit Camper 9,80 € – diese kommen zur Campingplatzgebühr dazu. Wir hätten heute auf dem CP in der hellblauen Nebensaison laut Aushang rund 34 € bezahlt mit Hund und 24h-Hochsaison-Zutrittsgebühr. 

Durchfahrt zum Besucherzentrum nur gegen Eintritt
Nebensaison 5,20 € / Hauptsaison 9,80 €

Der Hofladen, auf dessen Parkplatz wir in der letzten Nacht geschlafen haben, liegt 500 m entfernt vom Campingplatz MSM und vor den Schranken, es ist also keine Tagesgebühr fällig. Je nachdem, welche Lücke man erwischt, hat man so wie wir Aussicht auf den MSM. Übernachten geht nur bei genügend Platz und nach vorheriger Nachfrage bei der Chefin, weshalb man vor Ladenschluss dort sein muss. Es wird keine Gebühr für die Übernachtung verlangt und so ist es eigentlich selbstverständlich, dass man etwas im Hofladen kauft (nicht nur für 5 €).Wir haben eine Flasche Cidre doux und eine Flasche Calvados gekauft (insgesamt 21 €).

Adresse: Lefranc Farmshop, 50170 Pontorson, 38 La Jacotiére Ardevon, GPS-Koordinaten N 48°36’51.0552” W 1°30’4.6764”

unser Schlafplatz beim Hofladen Lefranc
mit Glück Aussicht auf den MSM

Fazit

Wir waren begeistert vom MSM und es ist ein absolutes MUSS eines Normandie-Trips. Besonders die einmalige Lage inmitten der großen Weite hat uns tief beeindruckt. Der 3 km lange Fußweg über die Brücke ist eine einzige Freude und man hat immer wieder andere Blickwinkel auf den MSM und die Bucht. Das Innere ist im unteren Teil tagsüber sehr überlaufen, erklimmt man den Berg, wird es entspannter. Die Abtei können Hundebesitzer wie wir nicht besichtigen, es sei denn man trennt sich. Den Hund im Camper zu lassen ist keine Alternative bei der doch recht langen Besichtigungs- und Wegezeit, zumal es bei gutem Wetter im Fahrzeug sehr warm werden kann. Für uns war der Anblick von der Brücke aus das absolute Highlight!