Tessin Teil 2 | von Lugano über Maloja und Julier nach Graubünden

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In der 2. Hälfte unserer Tessin-Tour bleiben wir 1 Nacht in Lugano, laufen dort den Olivenbaumweg am Seeufer entlang, fahren über den Malojapass zum wunderschönen Silsersee, um dann über den Julierpass und Surava wieder nach Hause zu fahren.

4. Tag 23.03.2022

Nach 3 Nächten in Locarno wird es Zeit für einen Standortwechsel. Vorher schlendern wir aber noch schnell zum in der Nähe gelegenen Kamelienpark von Locarno. Hier wird heute die Ausstellung geöffnet und wir (nein besser ich) möchten uns noch kurz die schönen Sträucher anschauen. Leider gibt es auch hier ein Hundeverbot und wir können nur einige Blüten vor dem Eingang fotografieren. Dann also Ciao Locarno!

Eröffnung Kamelienpark
Hundeverbot

Zum Luganer See sind es nur 50 km und nach gut einer Stunde erreichen wir schon den Stellplatz der Stadt Lugano beim Parco del Tassino. Eingezeichnet sind 8 Stellplätze mit Gratis-Stromanschluss – ist man autark, können auch noch weitere Mobile an der Längsseite stehen. Die V/E-Station ist perfekt und die Preise sind auch noch moderat. Bleibt man nur für die Nacht und reichen 12 Stunden, kostet es gerade mal 14 CHF (Strom inclusive). Da kann man nicht meckern!

Stellplatz Parco del Tassino
V/E-Station

Auch wenn es schon wieder recht spät ist (16:00 – wir haben mal wieder zu viel Zeit im Coop zugebracht), bummeln wir noch zum See runter. Der Stellplatz liegt ca. 70 Meter oberhalb des Seeufers; das müssen wir später alles wieder hochlaufen 😅.

Die Promenade ist zwar schön, liegt aber direkt an einer viel befahrenen Straße, was den Genuss etwas schmälert. Gibt es da keine Möglichkeit, den Durchgangsverkehr anders zu leiten? Schade! Weil wir sowieso Kaffeedurst haben, zieht es uns schnell in die ruhigere Fußgängerzone der Via Nassa (teure Geschäfte). Dort finden wir in einer Seitengasse ein schönes Café – der Latte Macchiato ist allerdings nur lauwarm.

Nun heißt es also Stufen klettern auf dem Rückweg zu Schorschi. Bis 1986 gab es eine Standseilbahn, die einen bequem den Berg hinauf gebracht hat. Wir erreichen 20 Minuten später schnaufend den Van und ich mache uns mal wieder unser Lieblings-Womo-Essen, Salat mit Thunfisch.

Uferpromenade Lugano
Verkehr direkt am See
im Parco Ciani
Café in einer Seitengasse der Via Nassa
ehemalige Standseilbahn Funicolare Angioli
Blick von der Bergstation der Funicolare

5. Tag 24.03.2022

Im Internet habe ich den Sentiero dell’olivo entdeckt, einen Uferweg, der von Castagnola nach Gandria führt (beides Ortsteile von Lugano) und der auf Karten oft auch als Sentiero di Gandria bezeichnet wird. Vom Stellplatz aus wären es schon mehr als 3km zum Start des Wegs und das an dieser lauten Straße entlang, also wollen wir mit dem Van in die Nähe fahren.

Das ist zunächst mal eine blöde Entscheidung. Castagnola liegt am steilen Berg, kein Parkplatz an der Durchgangsstraße für Womos vorhanden. Wir fahren bis nach Gandria, wo es relativ viele Parkplätze entlang der Straße gibt – diese sind allerdings mit einer Höhenbeschränkung von 2 m für uns nicht erreichbar. Also fahren wir wieder nach Castagnola zurück, wollen erst weiter oben am Berg parken. Dank Google Maps finde ich einen eingezeichneten Parkplatz am Ende der Sackgasse der Via Cortivo. Gut, dass wir nur einen Kasten haben, denn die Durchfahrt dorthin ist wirklich sehr schmal. Und nochmal Glück – jetzt unter der Woche und in der Vorsaison ist der Parkplatz nicht belegt. Für Vans eignen sich aber nur die 2 Plätze an der Längsseite; bei allen anderen würden wir zu weit hinausstehen. Und erst jetzt entdecken wir, dass der Olivenbaumweg direkt hier am Parkplatz startet – PERFEKT!!!

Parkplatz am Ende der Via Cortivo
Olivenbaumweg

Zunächst ist der Uferweg flach und verläuft entlang des Sees, vorbei an einigen in den Hang gebauten Häusern. Die Einwohner können mit keinem Fahrzeug ihr Gebäude erreichen, sondern haben am Parkplatz Handwagen stehen, mit denen sie Ware zum Haus transportieren können.

Wir sind froh, dass die Märzsonne noch nicht ganz so heiß ist, denn nach einer halben Stunden erwarten uns viele Treppenstufen vor dem Erreichen von Gandria. Vom Dorf selbst sind wir nach kürzester Zeit begeistert. Alte Steinhäuser, zwischendrin schmale Gässchen und lauschige Plätze – sehr idyllisch. Gegen den Durst setzen wir uns in ein Bistro direkt am Schiffsanleger und bestellen eine selbstgemachte Ingwerlimonade – sehr lecker und erfrischend. Kurze Zeit später kommt ein Schiff an und „spuckt“ ca. 30 Besucher aus, die vermutlich den Sentiero Richtung Lugano laufen oder eins der geöffneten Restaurants besuchen. Wir warten noch ab, bis die „Herde“ sich aufgelöst hat und starten dann unseren Rückweg zum Schorschi.

Blick Richtung Monte San Salvatore
Anstieg vor Gandria
Gasse in Gandria

Ein Tässchen Kaffee, ein kleines Nickerchen und auf geht’s zur 4 km entfernten italienischen Grenze. Warum?

Wir können es einfach nicht lassen und möchten in jedem Fall noch einen Pass fahren. Die Auswahl ist wegen der Wintersperre nicht groß und so bleibt uns nur der Maloja ins Engadin. „Nur“ ist natürlich falsch ausgedrückt. Er ist für mich einer der schönsten Pässe, weil hinter dem Pass der Silsersee liegt – ein wahrer Augenschmaus. Dafür ist es aber heute zu spät. Wir schaffen es gerade noch vor totaler Dunkelheit vorbei am Comer See zu unserem Schlafplatz in Chiavenna.

italienische Grenze
Fahrt entlang des Comer Sees

6. Tag 25.03.2022

Nach Entsorgung am Stellplatz in Chiavenna geht es los Richtung Malojapass. Die Auffahrt durch das Bergell macht bei dem Wetter einfach nur Spaß. Auf dem Pass selbst (der ist eigentlich auch gar nicht als Passhöhe zu erkennen) verweilen wir nicht lange, denn unser Ziel ist besagter Silsersee, an dem wir im Herbst schon schöne Stunden verbracht haben. So wie jetzt haben wir ihn allerdings noch nie erlebt. Er ist noch zugefroren und Spaziergänger und Langläufer sind auf dem Eis unterwegs. Adriano lässt seine neue Drohne steigen (aller Anfang ist schwer) und ich genieße einfach nur den unvergleichlichen Anblick der schneebedeckten Berge. Hier könnte ich tagelang sitzen und einfach nur schauen.

Malojapass
zugefrorener Silsersee
Spaziergang auf dem zugefrorenen Silsersee
erste Drohnenaufnahme
Weg am Silsersee

Leider kann man hier oben nicht mit dem Womo freistehen, alle Campingplätze sind noch geschlossen und so müssen wir weiter über den Julierpass. Am Silvaplanasee schaue ich noch kurz den Snow-Kitern zu, bevor wir wieder in die Höhe fahren. Auch der Julierpass hat eine schöne Auf- und Abfahrt. Die Passhöhe selbst „glänzt“ mit einem schrecklichen runden Bau, der aussieht, als ob er durchgerostet ist.

Snow-Kiter auf dem Silvaplanasee
Auffahrt zum Julierpass
Julierpass
Skigebiet Bivio beim Julierpass

Am späten Nachmittag erreichen wir unseren Schlafplatz in Surava auf einem Parkplatz nahe des Gasthauses Post, in dem wir heute essen gehen wollen. Aus dem erwarteten und im Netz hochgelobten Cordon bleu wird nichts, da der Pächter gewechselt hat, aber die neue Chefin ist sehr nett und macht gute Schnitzel. Auch nicht schlecht! Sie erzählt uns, dass man als Camper bei ihr auch für 10 CHF pro Person frühstücken kann. Nichts für uns, aber sicher ein tolles Angebot. Danach heißt es ab ins Bett und den nächsten Tag planen.

7. Tag 26.03.2022

Für den Mittag steht eine Wanderung entlang der Albula auf dem Programm. Bis zum nächsten Dorf Bad Alvaneu sind es 3 km – das kann man gut hin und zurück in 2 Stunden schaffen. Denken wir zu dem Zeitpunkt noch!!!

Zunächst sieht der Weg in der Sonne perfekt aus, aber nach kurzer Zeit im Wald ist es die reinste Eispiste. Jetzt erst realisieren wir, dass wir uns auf der angeschriebenen Skateline befinden, einem Weg, der im Winter mit Schlittschuhen befahren werden kann. Die Eisdecke ist noch sehr dick und wir bewegen uns wie auf rohen Eiern. Unsere Wanderschuhe nützen da gar nichts! Spikes müsste man jetzt haben! Ich hoffe einfach nur, dass wir nicht hinfallen und uns zu allem Überfluss noch verletzen – eine nasse Hose wäre da das kleinste Problem. Auch Sunny mag kaum laufen, denn ihr scheint das Eis an den Pfoten wirklich weh zu tun.

Schlafplatz in Surava
geschlossene Skateline
unterwegs auf der Skateline

Nach einer gefühlten Ewigkeit erreichen wir den Golfplatz Alvaneu, bei dem es eine Brücke über die Albula gibt. Wir wollen nämlich auf keinen Fall diesen Weg nochmals laufen und müssen für den Rückweg daher entlang der Fahrstraße gehen. Nicht schön, aber aufs Postauto hätten wir zu lange warten müssen. Leicht genervt kommen wir beim Schorschi an und brauchen erst mal ’nen Kaffee. Adriano testet bei der Gelegenheit nochmals unsere Solartasche, die trotz der bereits tief stehenden Sonne einen sehr guten Ertrag von 105 Watt liefert.

Sunny braucht ein Bad
Rückweg auf der Fahrstraße
Solartasche im Einsatz

Etwas Strecke wollen wir heute noch machen und so fahren wir über die Lenzerheide, vorbei an Chur nach Bad Ragaz. Hier gibt es zwischen 2 Golfplätzen an der Zeughausstraße einen Parkplatz, der nachts kostenlos ist. Morgens ab 8 Uhr zahlt man dann pro Stunde, was man auch tunlichst machen sollte, denn die Polizei kontrolliert regelmäßig.

Chur
Schlafplatz in Bad Ragaz

8. Tag 27.03.2022 Heimreise

Ein herrlicher Sonntagmorgen – die beste Grundlage für gute Laune und einen schönen Abschlusstag unserer 1-wöchigen Reise.

Auf unserem Rückweg kommen wir am Walensee vorbei und wollen dort noch etwas laufen gehen. Im letzten Sommer hatten wir es wegen der großen Hitze nicht geschafft, uns die Seerenbach-Wasserfälle bei Bettis anzuschauen – das wollen wir heute nachholen. Noch kommen wir gut gelaunt in Wessen an, werden aber schnell von der Realität eingeholt. Sämtliche Parkplätze im Ort sind belegt, sogar die etwas außerhalb in 1 km Entfernung zum See. Überall stehen Sperren, Polizisten regeln den Verkehr, es ist ein Wahnsinn, was heute am Sonntag bei diesem Wetter für Menschenmassen unterwegs sind.

Die Laune sinkt und wir überlegen ein Alternativprogramm. Unsere Marco Polo-Karte hilft wieder etwas, denn wir finden im Aargau eine Strecke, die schön sein soll und die wir noch nicht gefahren sind. Also auf nach Bremgarten! Dort ist die Reuss gestaut und am Flachseeli kann man spazieren gehen. Außerdem gibt es dort noch ein schönes Kloster, was man auch noch anschauen könnte. Unterwegs noch schnell ein Stückli Kuchen gekauft und schon suchen wir auch hier beim Kloster einen Parkplatz. Unmöglich! Schließlich fahren wir einfach auf einen Firmenparkplatz (heute ist ja kein Arbeitstag) und hoffen, dass sich niemand daran stört. Vom Kloster kann man nur die Kirche anschauen, deshalb machen wir uns schnell auf Richtung Reuss. Ein Rundweg würde aber zu lange dauern und so machen wir nur ca. 2 km hin und zurück auf derselben Strecke. Fürs Beine vertreten hat es gereicht und wir beschließen, zum Kuchenessen einen schönen Aussichtsplatz zu suchen. Aber heute ist irgendwie der Wurm drin. Nirgendwo finden wir eine schöne Stelle, schon gar nicht direkt am Fluss. Letztendlich landen wir wieder in einem Gewerbegebiet, einfach nur um endlich den Kaffee zu trinken. Ab auf die Autobahn und gegen 19 Uhr landen wir wieder zuhause.

Kloster St. Martin
Flachseeli – gestaute Reuss kurz vor Bremgarten

Dieser letzte Tag war nun nicht der Knaller, aber es kann ja nicht immer alles glatt laufen und nur wunderschön sein. Dafür waren die Tage zuvor super und unsere „Ausbeute“ an schönen Eindrücken ist um ein Vielfaches höher als die der schlechten.